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Foto: staras/shutterstock.com
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Ein Lipödem ist eine krankhafte Fettverteilungsstörung, bei der sich überschüssiges Gewebe besonders an Beinen, Armen und Po ansammelt, weiss Dr. med. Simone Kirkegaard. Millionen von Frauen sind betroffen. Wir haben die Fachärztin gefragt, woran ein Lipödem zu erkennen ist, welche Faktoren es begünstigt und wie die Behandlungsmöglichkeiten aussehen.

BEAUTY FORUM: Woran erkenne ich ein Lipödem?

Dr. med. Simone Kirkegaard: Erste Anzeichen könnten zum Beispiel ein Spannungsgefühl oder leichte Schmerzen nach längerem Sitzen beziehungsweise Stehen in den Beinen darstellen. Umgangssprachlich sprechen viele Menschen auch vom Reiterhosensyndrom, da der Körper durch die ungleiche Fettverteilung häufig unproportional aussieht. An den betroffenen Bereichen treten die Fettsammlungen jedoch symmetrisch auf.

Wie unterscheidet sich ein Lipödem von anderen Krankheiten, zum Beispiel Adipositas?

Viele Menschen setzen Lipödeme mit Übergewicht gleich, aber das stimmt nicht. Zwar wird die Krankheit durch Adipositas verstärkt, aber nicht zwangsläufig dadurch ausgelöst. Der optisch eindeutigste Unterschied liegt in der Verteilung des überschüssigen Gewichtes. Während bei Adipositas das Fettgewebe am gesamten Körper auftritt, konzentriert es sich bei einem Lipödem in der Regel an einer Stelle – wie den Armen oder Beinen. Im Gegensatz zu Übergewicht, lässt sich ein Lipödem auch nicht mit ausreichend Sport und einer ausgewogenen Ernährung bekämpfen.

Wie entsteht ein Lipödem?

Die genaue Ursache für Lipödeme ist bisher noch unklar, allerdings gibt es viele bekannte Faktoren, die die Krankheit bedingen und verstärken. So begünstigen beispielsweise Hormonschwankungen, wie bei einer Schwangerschaft oder in der Pubertät und den Wechseljahren, die Entstehung. Aber auch die Einnahme bestimmter Medikamente beeinflusst die Fettansammlung. Vermutlich spielt Östrogen als steuerndes Hormon eine grosse Rolle bei der ungleichen Fettverteilung. Auch die genetische Veranlagung kann die Entstehung beeinflussen, daher leiden häufig mehrere Frauen einer Familie an der schmerzhaften Fettverteilungsstörung.

Warum gilt es als „Frauenkrankheit“?

Bei Lipödem-Betroffenen handelt es sich fast ausschliesslich um Frauen. Grund dafür trägt wahrscheinlich die unterschiedliche Gewebestruktur von Frauen und Männern. Durch den gitterartigen Aufbau des Kollagens ist das männliche Bindegewebe relativ fest und straff, sodass Fettzellen sich keinen Weg durchbahnen können. Frauen hingegen besitzen eine säulenartige Struktur, die im Lauf des Lebens an Elastizität verliert, sodass das Gewebe anfälliger für Fettverteilungsstörungen wird.

Welche Stadien durchlaufen Betroffene?

Generell treten Lipödeme in drei verschiedenen Stadien auf, diese gehen fliessend ineinander über, und es dauert meistens mehrere Jahre, bis das dritte Stadium erreicht wird. Verschiedene Faktoren können den Prozess jedoch beschleunigen. Zu Beginn sind die Anzeichen noch relativ mild und werden daher häufig mit Cellulite verwechselt. Zwar gibt es schon eine optische Tendenz zur klassischen Reiterhosenform, aber die Haut ist noch glatt und weist nur leichte Dellen auf. Betroffene können allerdings erste Hinweise spüren: So fühlt sich das Unterhautgewebe bereits verdickt an, und es lassen sich feine Knoten ertasten.

Im zweiten Stadium prägt sich der Umfang verstärkt aus, das bedeutet, besonders vorderer und innerer Oberschenkel gewinnen an Umfang dazu. Optisch weisen die betroffenen Stellen starke Unebenheiten auf. In diesem Stadium fühlt sich das Untergewebe zwar noch weich an, aber die Knoten vergrössern sich deutlich.

Im dritten Stadium bilden sich grosse, unförmige Fettansammlungen. Das Gewebe verhärtet sich stark, und es entstehen grobe Knoten in der Unterhaut. In diesem Stadium schränkt das zusätzliche Gewebe Betroffene so stark ein, dass sie nicht mehr schmerzfrei gehen können und sich X-Beine bilden.

Welche Beschwerden zieht ein Lipödem nach sich?

Im Allgemeinen treten Schmerzen nach einer längeren Belastung der betroffenen Stellen auf. Ebenfalls sehr auffällig: Schon bei leichten Stössen entstehen schnell Blutergüsse in den entsprechenden Bereichen, da die Zellmembran porös ist und schnell bricht. Zudem kommt es schnell zu Wassereinlagerungen, wodurch die Beine anschwellen und unangenehm spannen. Diese Ansammlungen gehen in der Regel auch nicht durch nächtliches Hochlagern zurück. Durch diese anhaltende Belastung des Lymphsystems kann zudem auch ein sekundäres Lymphödem auftreten. Sind die Gefässe geschädigt, transportieren sie die Flüssigkeit aus dem Gewebe nicht mehr ab. Stoffe wie Bluteiweisse, Fettsäuren oder Entzündungsprodukte bleiben also weiterhin im Körper. Folgen sind eine verhärtete Haut sowie eine gestörte Wundheilung. Kommt es also zu einer bakteriellen Infektion an der entsprechenden Stelle, kann es sein, dass diese nur sehr langsam besser wird.

Wie sieht die Therapie aus, und was können Kosmetikerinnen unterstützend tun?

Die Behandlung eines Lipödems gestaltet sich leider nicht sonderlich leicht, da es bisher keine Medikamente gibt, die helfen. Bevor es zu einem chirurgischen Eingriff kommt, gibt es jedoch einige Methoden, die Beschwerden lindern und das Krankheitsbild verbessern. Lymphdrainagen oder Kompressionsstrümpfe helfen zum Beispiel dabei, Wasseranstauungen zu entfernen und die Durchblutung anzuregen, sodass die Spannung in den betroffenen Stellen reduziert wird – allerdings helfen diese Behandlungen nur bedingt und müssen unbedingt regelmässig durchgeführt werden.

Kommt es zu keiner Verbesserung, sollten Betroffene über eine Liposuktion, also eine Fettabsaugung, nachdenken. So wird nicht nur das Fettgewebe deutlich reduziert, sondern auch nachhaltig die Schmerzen gelindert. Langes Stehen und Gehen fällt Betroffenen nach dem Eingriff wieder wesentlich leichter.

Da es sich um eine chronische Krankheit handelt, ist es durchaus möglich, dass nach ein paar Jahren erneut eine Liposuktion durchgeführt werden sollte. Seit 2020 übernimmt die Krankenkasse die Kosten der Operation in besonders schweren Fällen.

Was gilt es, nach einem medizinischen Eingriff zu beachten?

Nach dem Eingriff gilt es, anstrengende Aktivitäten, zum Beispiel Sport, zu vermeiden. Gleiches trifft auch auf Sauna- und Solarium-Besuche sowie Sonnenbäder zu. Je nach Genesungsfortschritt sollten jedoch Lymphdrainagen wieder stattfinden, da sie das Abschwellen der behandelten Stelle beschleunigen.

Das Gespräch führte Martina Schmieder

Foto: Autorin
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Unsere Expertin:

Dr. med. Simone Kirkegaard

Sie ist Fachärztin für plastische und ästhetische Chirurgie. Zusammen mit Dr. med. Tobias Kurz leitet sie das Med Esthetic Kirkegaard/Kurz in Hamburg. Der Behandlungsfokus liegt auf ästhetischen und rekonstruktiven Brustoperationen, ästhetischer Gesichtschirurgie sowie Körperkonturierung mit Liposuktion.

www.plastischechirurgie-hamburg.com 

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